Kinder wehrt euch!

    Rechte des Kindes auf seine Beziehung zu beiden Eltern
    - Elternverantwortung nach der Paartrennung -

    von Diplompsychologin, Dipl. Sozialarbeiterin Ursula O.-Kodjoe, Freiburg

    Jedes Kind hat von Geburt an ein unveräußerliches Recht auf die gelebte Beziehung zu beiden Eltern. Diese Eltern-Kind-Beziehung dauert ein Leben lang. Sie bildet von Anfang an die Basis für seine gesamte Entwicklung. Eine positive Beziehung zur Ursprungsfamilie hat Auswirkungen auf die spätere eigene Partnerbeziehung, auf Lebenszufriedenheit und Lebensqualität. Abgebrochene Beziehungen wirken im eigenen Leben weiter. Nach einer Trennung hat jedes Kind weiterhin das Recht auf ungehinderten, unbelasteten Umgang mit dem Elternteil mit dem es nicht/nicht mehr zusammenlebt.

    1. Jeder Elternteil, Vater wie Mutter, hat das Recht und die Pflicht zu Pflege, Erziehung und Begleitung seines/ihres Kindes. Elternverantwortung kann weder einem Elternteil allein aufgebürdet werden, noch hat einer das Recht, den anderen von der Elternverantwortung willkürlich auszuschließen. Nach aller Forschungsevidenz bedarf es für die kindliche Persönlichkeitsentwicklung der emotionalen Zuwendung und der Förderung durch beide Eltern gleichermaßen. Die eigenen Eltern sind für jeden Menschen der Ursprung seines Daseins, sie sind "Schicksal" und bilden die Basis für seine Identität. Wie gut oder weniger gut die Eltern sind, ist kein Kriterium, um ein Kind von einem "nicht idealen" Elternteil zu trennen. (mit Ausnahme von Fällen der Mißhandlung nach § 1666 BGB).

    2. Bei Tendenzen, das Kind dem nicht betreuenden Elternteil zu entziehen/entfremden, sollte die Unterstützung einer Beratungsstelle in Anspruch genommen werden. Umgangsstörungen und -verhinderungen haben sehr viel mit der persönlichen Geschichte des Vaters/der Mutter zu tun, auch mit der Geschichte ihrer jeweiligen Herkunftsfamilie. Sie haben mit der Ehe- und Beziehungsgeschichte des Paares zu tun, mit nicht erfüllten Erwartungen und enttäuschten Hoffnungen. Sie sind jedoch den elementaren Bedürfnissen der Kinder diametral entgegengesetzt. Deshalb ist Hilfe bereits bei den ersten Anzeichen von Entfremdung und Entziehung geboten.

    Beide Eltern sollen die Beziehung des Kindes zum anderen Elternteil fördern und dies durch ihr gesamtes Verhalten zum Ausdruck bringen.

    Vorsicht Falle: Kinder sehen, hören, fühlen und empfinden die versteckten gegensätzlichen Botschaften aus Körperhaltung, Stimme, Mimik, Gestik etc.:

    "Ja doch Deine Mama ist seeehr nettttt" ... "Dein Papa ist der Ooooberstarke, geh nur zu ihm..."

    Die Abwertung eines Elternteils wertet einen Teil des Kindes ab: Kinder spüren das und verlieren ihr Selbstwertgefühl und ihre Selbstsicherheit.

    3. Kinder brauchen kindgemäße Erklärungen für die Trennungsentscheidung der Eltern, die sie entlasten: "Mama und Papa streiten zu viel. Es geht uns nicht gut miteinander. Darum ist es wohl besser wenn wir nicht mehr zusammen wohnen. Das verändert auch für Dich einiges, aber Du verlierst keinen von uns. Wir haben Dich beide lieb und so bleibt es auch."

    Die Verantwortung muß bei den Eltern bleiben: "Wir haben das so entschieden, mach Dir keine Sorgen, wir regeln das schon, Du verlierst keinen von uns. Das sind Erwachsenensachen."

    Die Verantwortung für die positive Gestaltung der Beziehungen liegt bei den Eltern. Die Kinder sollen mit ihren Bedürfnissen ernst genommen, aber nicht zu Entscheidungsträgern gemacht werden.

    4. Neue Partner der Eltern sollten sich dem Kind einfühlsam nähern. Das Kind soll genügend Zeit und Raum bekommen, von sich aus langsam auf sie zugehen zu können. Eltern können durch neue Partner nicht ersetzt werden: "Du bist aber nicht mein richtiger Vater ..." Soziale Väter und Mütter werden vom Kind als Bereicherung in sein Beziehungsnetz aufgenommen, wenn sie ihnen nicht als "neuer Papa, neue Mama" aufgedrängt werden. Die Beziehung eines Kindes zu neuen Partnern der Eltern gelingt um so eher, je sicherer die Beziehung zum leiblichen Elternteil ist, mit dem das Kind nicht mehr zusammenlebt. Zweitehen, die den biologischen Elternteil ausgrenzen, scheitern zu 60%. Der Traum von der Kleinfamilie (Vater - Mutter - Kind) ist nach einer Trennung oder Scheidung endgültig ausgeträumt: Jede weitere Verbindung führt zur "Mehrelternfamilie" mit leiblichem Vater - sozialem Vater - Mutter - Kind(ern) oder leiblicher Mutter - sozialer Mutter, Vater und Kind(ern). Die eigene Sehnsucht nach der Kleinfamilie kann jeder bei sich selbst dadurch aufspüren, wenn er/sie sich wünscht, daß die Kinder den oder die "Neue" möglichst schnell mit Papa/Mama ansprechen und den früheren Elternteil vergessen sollen. Der jeweilige Vorname des neuen Partners entspricht der Realität eher und bürdet auch dem/der "Neuen" keine nicht zu bewältigenden Aufgaben auf.

    Aufgrund eher düsterer Geschichten, die durch die Märchenbücher geistern, wurden die "Stief"eltern, "Stief"mütter und "Stief"väter aus dem Sprachgebrauch entfernt. Sie wurden ersetzt durch den Begriff "soziale Elternschaft", was soviel heißt wie Eltern, mit denen das Kind in sozialer Gemeinschaft lebt, die jedoch nicht seine biologischen Eltern sind.

    5. Die Beziehung zu demjenigen Elternteil, mit dem das Kind nicht mehr zusammenlebt, sollte in der Gewöhnungsphase gefestigt werden durch ein Höchstmaß an Aktivitäten zu zweit, um die mit der Trennung verbundenen Verlust- und Verlassenheitsängste als unbegründet zu erleben und um sie überwinden zu können.

    Umgangskontakte müssen regelmäßig stattfinden zum Wohle und zur Sicherheit aller Beteiligten: Kinder brauchen einen sicheren Rahmen, um ihr Vertrauen in die Eltern nicht zu verlieren, bzw. wieder zu erlangen. Freude auf ein Wiedersehen und Trauer beim Abschied können besser bewältigt werden, wenn diese Gefühle "erlaubt" sind. Es ist wichtig, daß Kinder auch ihren Ärger und ihre Wut auf die Eltern ausdrücken dürfen - schließlich haben diese Eltern ihnen durch Streit, Spannungen und die Trennung ihre Kinderwelt erschüttert.

    Es ist entlastend, wenn Vater und Mutter die Gefühle der Kinder anerkennen und das auch aussprechen: "Ich kann verstehen, daß Du traurig, daß Du wütend bist auf mich" ... oder "das war furchtbar schwer für Dich..."

    Es ist normal und spricht für das Vertrauen der Kinder in die Eltern, wenn sie bei der Rückkehr vom einen dem anderen ihre Traurigkeit zeigen können und dürfen. Normale Trennungsreaktionen können Eltern leicht dazu verleiten, diese dem anderen anzulasten und den Umgang zu beschneiden.

    Der Grund dafür liegt jedoch in der eigenen Gefühlslage: es kann in der Tat sehr schwer sein, diese Gefühle der Kinder auszuhalten. Insbesondere, wenn Eltern als Rechtfertigung für die von Ihnen initiierte Trennung auch das Wohl der Kinder heranziehen: "Auch für die Kinder ist es viel besser so." Die langfristige Bewältigung der Lebensveränderungen und die Reorganisation der Familie gelingt besser, wenn die Eltern zu den eigenen Entscheidungen stehen. Die Kinder haben über die Lebensgestaltung der Eltern in der Tat nicht zu entscheiden. Sie werden die Trennungsentscheidung der Eltern um so eher respektieren, als sie erleben, daß die Eltern ihre Rechte auf ungestörte, weitere Beziehungen zueinander wahren und fördern. Ansonsten "lernen" Kinder am elterlichen Modell und können bis weit ins Erwachsenenalter den miterlebten Scheidungskrieg als Rechtfertigung für eigenes Versagen in Schule, Beruf und Beziehungen heranziehen: "Ich kriege nichts in meinem Leben auf die Reihe, weil ihr Euch jahrelang fertiggemacht habt und uns Kinder dazu."

    6. Der Umgang sollte zwischen den Eltern entsprechend ihrer jeweiligen Lebensbedingungen ausgehandelt werden. Kindliche Wünsche werden zwar berücksichtigt, niemals sollten jedoch Kinder Entscheidungen über Besuche zugemutet werden. Dies bedeutet eine Überforderung und entzieht den Kindern die lebensnotwendige Sicherheit, daß ihre Eltern zusammen die für sie wichtigen Entscheidungen treffen.

    7. Kleinkinder brauchen beide Eltern zur Entwicklung zweier Bindungs- und Beziehungsobjekte. Spätestens ab dem 2. Lebensmonat unterscheiden Kinder Vater und Mutter und treten zu ihnen in unterschiedliche Beziehungen, die sich gegenseitig ergänzen und bereichern. Die Dreiecksbeziehung Vater-Mutter-Kind ist die ursprünglichste aller Beziehungsformen und verhindert das Verharren des Kindes in der Abhängigkeit der Zweierbeziehung Mutter-Kind. Das Hin- und Herpendeln zwischen Vater und Mutter eröffnet dem Kind die männliche und die weibliche Erlebniswelt und fördert seine körperliche, seine intellektuelle und seine soziale Entwicklung.

    Der Umgang eines Kleinkindes mit dem außerhalb lebenden Elternteil erfordert von den Eltern Einsicht in die Wichtigkeit des ehemaligen Partners und die Fähigkeit und den Willen, die Beziehung zuzulassen und kindgerecht zu gestalten. Wegen des fehlenden Zeitgefühls kleiner Kinder muß der Umgang häufig, wenn auch kürzer sein.

    Für alleinlebende Mütter kann es eine große Entlastung bedeuten, wenn der Vater zwei bis drei mal wöchentlich das Kind nachmittags oder am frühen Abend spazierenfährt, das Kind badet und das Zu-Bett-Geh-Ritual übernimmt.

    Je nach der Sicherheit der Bindung des Kindes zu seiner Mutter kann es sich bald mit dem Vater in dessen Wohnung aufhalten, dann bei ihm übernachten und bereits in der Kindergartenzeit das Wochenende bei ihm verbringen und mit ihm einige Tage verreisen.

    8. Spätestens ab der Grundschulzeit sollten Kinder zum Erhalt der Eltern-Kind-Beziehung ca. 1/3 der Jahreszeit mit dem nicht betreuenden Elternteil verbringen.

    Kindergerechte Möglichkeiten sind:

    • alle 14 Tage von Freitag (nach)mittag bis Montag früh
    • in der darauffolgenden Woche einen Nachmittag mit Übernachtung
    • die Ferien hälftig

    Bei weiteren Entfernungen:

    • mindestens ein langes Wochenende im Monat und
    • entsprechend mehr Ferienzeit

    Die Zwischenzeiten sollten durch regelmäßige Telefonate, Briefe und Päckchen überbrückt werden. Ältere Kinder sind von den neuen Medien fasziniert und können über Email die Zeit zwischen dem Zusammensein überbrücken. Anrufbeantworter sollten nicht zur Kontaktverhinderung oder Kontaktkontrolle eingesetzt werden.

    Auch zu den Familien beider Eltern sollte regelmäßiger Kontakt ermöglicht werden.

    9. Die Umgangsregelung sollte längerfristig im voraus geplant und festgelegt werden. Somit können sich beide Eltern und das Kind auf die Termine einstellen. Änderungen sollten nur vorgenommen werden mit Rücksicht auf besondere Bedürfnisse oder Umstände. Wenn ein Elternteil für die Kinderbetreuung kurz- oder längerfristig ausfällt, sollte immer der andere Elternteil vorrangig herangezogen werden.

    Im Kinderzimmer können zur besseren zeitlichen Orientierung für die Kinder Kalender aufgehängt werden mit bunten Punkten für die Umgangszeiten. Photos vom abwesenden Elternteil helfen kleineren Kindern, das "Bild" vom anderen Elternteil auch in dessen Abwesenheit lebendig zu halten.

    10. Fragen über Zeiten, Termine, Ausgestaltung der Besuche, Finanzen etc. werden zwischen den Eltern in direkter Kommunikation und NICHT über das Kind besprochen und geklärt. (siehe 8.)

    Auftretende Erziehungs- und Entwicklungsprobleme besprechen die Eltern untereinander, gegebenenfalls werden pädagogisch-psychologische Fachleute hinzugezogen.

    Wenn zwischen den Eltern Sprachlosigkeit, Feindseligkeit und Unsicherheit herrschen, so sollten sie im Interesse ihrer Kinder und in ihrem eigenen Interesse eine Beratungsstelle aufsuchen. Kostbare Lebenszeit wird sonst - möglicherweise über Jahre hinweg - in einem aufreibendem Kampf vergeudet, bei dem es keine Sieger geben kann, bei dem jedoch alle Beteiligten zu Verlierern werden.


    eingestellt 04.09.02

    Kinder haben Rechte

    Kinder haben Menschenrechte

    Ich bin das Kind.
    Kinder haben Menschenrechte. Das Family Kangeroo sagt : "Hallo, Hallo!"

    Ich bin das Kind.


     


    Ich bin das kleinste und wichtigste und herzallergrößte Familienmitglied. Ich habe Rechte. Und meine Rechte darf mir keiner wegnehmen.

    • Keiner hat das Recht, mich einfach wie einen Koffer einzupacken und dem anderen wegzunehmen. Ich bin keine Sache, die irgendwem gehört. Ich habe meine eigenen Rechte. Ich liebe Mama und Papa und ich habe zwei mal Oma und Opa.
    • Es ist nicht gut für mich, wenn Mama und Papa sich streiten. Und schon gar nicht, wenn sie sich um mich streiten. Ich habe das Recht Mama und Papa zu sagen, was ich fühle und was ich brauche. Ich kann entscheiden.

    Wenn...

    Mama und Papa sich nicht mehr mögen und unsere kleine Familie kaputt geht, dann ist das sooo viel Schmerz. Und dann bin ich ganz doll traurig und schwach. Und deswegen müssen alle erst recht mir helfen. Ja, das müssen die tun. Das sage ich dann:
    • meinen Eltern
    • meinen Großeltern
    • dem Familiengericht
    • dem Jugendamt
    Es ist falsch...
    • wenn unsere kleine Familie kaputt geht, dass Mama und Papa nichts mehr von mir wissen wollen, denn sie haben eine Verantwortung mir gegenüber
    Es ist falsch...
    • wenn Mama und Papa, Oma oder Opa mich benutzen, um anderen weh zu tun, denn jeder muss mir helfen, meine Liebe in dieser schwierigen Situation zu behalten
    Ich habe das Recht...
    • meine Eltern zu kennen und zu lieben
    Ich habe das Recht...
    • zu meiner ganzen Familie Kontakt zu halten, das heißt nämlich :
      • telefonieren, besuchen, Briefe schreiben, Geschenke austauschen, E-Mail schicken, miteinander reden und spielen ...
    UND DAS ALLES ...
    • Ohne Ärger
    • Ohne Angst
    • Ohne Druck
    • Ohne Beobachtung
    Ich habe das Recht...
    • dass mein Interesse wichtiger ist , als Rache, Geld und sonst irgendetwas doofes
    Ich habe das Recht...
    • wenn meine Eltern aus zwei verschiedenen Ländern kommen, beide Sprachen zu sprechen und ihre beiden Kulturen kennenzulernen

    Wenn...

    Mama und Papa immer noch streiten und immer noch wütend aufeinander sind und mir immer noch weh tun...
    Dann...
    • ist das ganz schlecht für meine Träume
    • ist das ganz schlecht für meine Gesundheit
    • ist das ganz schlecht für meine Entwicklung
    • ist das ganz schlecht für meine Zukunft
    Dann...
    schreibe ich
    besuche ich
    gehe ich zu
    dem Richter
    und
    dem Jugendamt !

    Immer und immer wieder !!!
    Ich will 
    keinen Druck mehr 
    und auch keine Angst mehr haben.

    Mama und Papa 

    sind wie meine zwei Augen, durch ich die Welt sehe.

    Niemand hat das Recht, 

    mir ein Auge wegzunehmen!

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